Sie sind die ältesten pflanzlichen Lebewesen auf der Erde. Während sich die Welt über Milliarden von Jahren bis heute komplett verändert hat, sind sie ihrem ursprünglichem Bauplan immer treu geblieben. Ein Überlebenserfolg, der für sich spricht. Die Rede ist von Algen. Jene anmutigen Unterwasserorganismen, die viele von uns wahrscheinlich eher als stinkendes braunes Zeug am Urlaubsstrand kennen oder als schmackhafte Beilage zum Sushi verspeisen. Doch wusstest du, dass Algen einen nicht zu unterschätzenden Beitrag für unser Überleben auf dieser Erde leisten und vielleicht sogar die Antwort auf Ressourcenprobleme der Zukunft darstellen könnten?

Bei meinen Recherchen bin ich auf so viele unglaublich interessante Dinge in Bezug auf Algen gestoßen, dass ich dieses Wissen unbedingt mit dir teilen möchte – lass dich überraschen, denn in diesem Blogbeitrag erfährst du:

Was sind eigentlich Algen?

Ganz einfach formuliert sind Algen die Vorgänger unserer heutigen Pflanzen. Sie werden den niederen Pflanzen zugeordnet und haben im Unterschied zu den höheren Pflanzen und übrigens auch zum Seegras keine Wurzeln, Sprossachsen und Blätter.

Bakterie oder Alge?

Durch ihre unheimliche Vielfalt ist es für Wissenschaftler:innen eine große Herausforderung, jede einzelne Art exakt zu klassifizieren. So gehören die Blaualgen zum Beispiel eigentlich zu den Bakterien (Cyanobakterien), wurden aber dennoch lange zu den Algen gezählt. Diese mikroskopisch kleinen Lebewesen haben schon vor den eukaryotischen Algen (die mit einem Zellkern) gelebt und maßgeblich dazu beigetragen, dass wir heute auf unserer Erde überhaupt leben können. Denn sie waren die ersten Organismen, die Wassermoleküle spalten und damit den für uns so wichtigen Sauerstoff erzeugen konnten.

Algen sind wahre Meister im Anpassen.

Sie sind überall auf der Erde zu finden – in Pfützen und Badezimmern, Süßwasserseen und den Ozeanen, in der Wüste, im ewigen Eis, auf Bäumen und sogar im Fell des Faultiers. Vorwiegend leben sie aber in aquatischen Lebensräumen, also im flüssigen Wasser. Forschende gehen davon aus, dass es bis zu 400000 verschiedene Arten auf der Erde gibt, wovon bisher mit ca. 20% aber nur ein Bruchteil bereits entdeckt wurde. Wir können also gespannt sein, welche Algenarten uns in den nächsten Jahren durch die Forschung noch enthüllt werden.

Unter die Lupe genommen …

In Bezug auf die Größe wird wissenschaftlich zwischen Mikro- und Makroalgen unterschieden. Sie reichen von mikroskopisch klein, also mit bloßem Auge nicht erkennbar, bis hin zu 60 Meter – denn so weit kann sich der Riesentang ausdehnen. Egal ob groß oder klein, Algen sind ein- oder mehrzellige Organismen, die sich mittels Fotosynthese ernähren. Dabei ist jede einzelne Zelle der Alge in der Lage, sich selbst zu versorgen.

In unserer Vorstellung sind Algen oft grünlich, doch woran liegt das? Alle Algen enthalten Chlorophyll, welches sie grundsätzlich grün färbt. Doch farblich können Algen auch anders auftreten: Das Chlorophyll kann durch andere Pigmente, die das Sonnenlicht aufnehmen, überdeckt werden, wodurch einige Arten rot, braun, gelb, orange oder sogar fluoreszierend erscheinen können.

Warum sind Algen für uns überlebenswichtig? Ein faszinierender Kreislauf von Photosynthese bis hin zur CO2-Speicherung

Algen lassen uns atmen

Über das Ein- und Ausatmen machen wir uns im Alltag natürlich kaum Gedanken, es funktioniert ja glücklicherweise ohne unser Zutun – einfach so. Doch wo kommt unser Sauerstoff eigentlich her? Mikro- sowie Makroalgen leben in den oberen sonnendurchfluteten Teilen der Gewässer, denn sie benötigen Sonnenlicht, um Fotosynthese zu betreiben. Im Meer schwimmende riesige Teppiche aus u.a. mikroskopisch kleinen Algenarten, Phytoplankton genannt, spielen dabei für unser Überleben eine entscheidende Rolle: Mindestens die Hälfte des Sauerstoffs in der Atmosphäre entsteht durch die Fotosynthese des pflanzlichen Planktons!

Algen sind der Grundbaustein der marinen Nahrungskette

Es bleibt nicht nur bei der für uns wichtigen Sauerstoffproduktion. Für die Fotosynthese braucht es natürlich auch CO2, das in großen Mengen aus der Luft aufgenommen und mithilfe des Sonnenlichts in Biomasse umgewandelt wird. Der Kohlenstoff wird in den Zellen eingelagert. Somit ist das Phytoplankton nicht nur für jedes zweite Sauerstoffmolekül, das wir einatmen verantwortlich, sondern auch für etwa die Hälfte der gesamten Biomasse im Meer. Das macht die kleinsten Algen zu wahren Energiebomben, die den Anfang der Nahrungskette mariner Ökosysteme bilden.

Die Kleinsten ganz groß – so gelangt CO2 tief hinunter zum Meeresboden

Es entsteht ein faszinierender Kreislauf. Der in den Algen gebundene Kohlenstoff wird durch die Tiere entlang der gesamten Nahrungskette aufgenommen, weitergegeben und sinkt schlussendlich durch Ausscheidungen oder Absterben der Lebewesen auf den Meeresboden. Ein Teil der absinkenden Partikel – sehr anschaulich als Meeresschnee bezeichnet – wird auf dem Weg nach unten von Bakterien abgebaut, remineralisiert und gelangt als Nährstoff wieder in den Kreislauf. Ein nicht unwesentlicher Teil sinkt aber komplett auf den Boden der Tiefsee ab und kann dort Tausende von Jahren lagern. Dieses Phänomen nennt man biologische Pumpe. Der Gehalt an Kohlenstoffdioxid in der Atmosphäre wäre doppelt so hoch, wenn es diesen Transport-Mechanismus nicht gäbe. Aus den Ablagerungen kann letztendlich Erdöl entstehen, welches wir heute bekanntermaßen zur Energiegewinnung und zur Herstellung verschiedener Materialien und Produkte nutzen.

Makroalgen als Erbauer wertvoller Ökosysteme

Auch Makroalgen leisten einen entscheidenden Beitrag für unser Klima. So experimentieren Forschende damit, in nährstoffarmen Gebieten gezielt freischwimmende Makroalgen anzubauen (Sargassum), welche viel CO2 aufnehmen und damit Kohlenstoff binden. Die Algen können zum einen als CO2-Senke dienen und zum anderen dazu führen, dass neue Ökosysteme aufgebaut werden, da das Wasser wieder mit Nährstoffen angereichert wird.
Kleiner Sneak-Peek 😉 In einem gesonderten Blog-Artikel zu Kelp-Wäldern werde ich demnächst davon berichten, wie Makroalgen ganz ähnlich wie Korallenriffe auf natürliche Weise bereits wertvolle und artenreiche Ökosysteme bilden.

Sind Algen ein Rohstoff der Zukunft?

Algen sind viel effizienter in der Fotosynthese als terrestrische Pflanzen, speichern dadurch sehr viel Sonnenenergie und wachsen zudem auch viel schneller. Warum also nicht diese Vorteile im Hier und Jetzt für uns nutzen, statt weiter auf die Verwendung fossiler Rohstoffe wie Erdöl oder Kohle zu setzen? Die Forschung steckt hierzu noch in den Kinderschuhen, doch es existieren bereits ein paar sehr vielversprechende und spannende Projekte für die vielfältigen Verwendungsmöglichkeiten von Algen in unserem Alltag …

Für Transport und Fahrzeugbau

  • Treibstoffe aus Algen: Die im Algen-Öl gespeicherte Energie könnte als klimaneutraler Treibstoff, zum Beispiel als Kerosin-Ersatz bzw. Biokerosin verwendet werden. Noch fehlen dazu die benötigten Mengenkapazitäten für die industrielle Herstellung, aber einige Testversuche waren im kleinen Maßstab bereits erfolgreich.
  • Carbonfasern als Ersatz für Aluminium und Stahl: Aus dem Glycerin der Algen gewonnene Polymere könnten dazu dienen, leichte aber trotzdem stabile Fasern herzustellen, zum Beispiel für Bauteile für Flugzeuge oder Fahrzeuge.

Für Ernährung und Landwirtschaft

  • Mikroalgen und Makroalgen als Lebensmittel und Lösung für die Welternährung: Algen sind divers in ihrem Nährstoffprofil, nährstoffreich und äußerst effizient anzubauen. Sie enthalten viele Vitamine wie Vitamin B, zahlreiche Mineralstoffe und Proteine sowie Fette und Kohlenhydrate. Zum Beispiel der Zuckertang (Kombu royal) oder Chlorella-Arten aus Süßwasseralgen eignen sich gut für die vegetarische Ernährung.
  • Algen als Biodünger für Pflanzen

Für Gesundheit und Kosmetik

  • Medizin: Noch nicht abschließend erforscht sind verschiedene Wirkstoffe und Grundstoffe der Algen, die sich positiv auf die Gesundheit auswirken könnten und sich damit für den Einsatz in der pharmazeutischen Produktion eignen könnten.
  • Kosmetik: Viele Wellness-Anwendungen oder Produkte verwenden bereits Zusätze auf Algenbasis, die einen positiven Effekt auf Haut, Haare und Wohlbefinden ausüben sollen.

Für Produktherstellung und Industrie

  • Ethanol, umweltfreundliches Plastik, kann Produkte ersetzen, die sonst mit Öl gemacht werden
  • geruchsfreier Lederersatz für tierisches Leder
  • Algenkunstoff, zum Beispiel für Rohre

Wenn du etwas tiefer in die faszinierende Welt der Algen eintauchen möchtest und sehen möchtest, welche Produkte aus der Ressource Alge hergestellt werden können, dann schau dir diesen Film an.

Fazit also bis hierhin: Algen bilden als Nahrungsgrundlage nicht nur wertvolle Ökosysteme, sie sind auch die bedeutendste Sauerstoffquelle unserer Erde. Sie tragen maßgeblich dazu bei, dass CO2 aus der Atmosphäre aufgenommen und als Kohlenstoff in den Tiefen der Ozeane gelagert wird. Mit den geeigneten Technologien, die wir zum Teil bereits haben, können Algen in Zukunft zu einer wertvolle Alternative zu fossilen Rohstoffen werden. Aber diese Technologien müssen weiter erforscht und auch eingesetzt werden, und zwar jetzt.

Noch ein kleiner Disclaimer: Ich bin keine Wissenschaftlerin, habe für diesen Artikel aber mit größter Sorgfalt auf seriöse Quellen zurückgegriffen. Sollte sich dennoch ein Fehler in der Formulierung eingeschlichen haben oder sollten Fakten veraltet sein, dann hilf mir gern mit deinem Expertenwissen und schreib mich an.

Mich persönlich hat jedoch eine ganz eigene Geschichte in die Welt der Algen entführt und diese Geschichte hat mit – wie soll es anders sein – Papier zu tun. Denn weil ich immer auf der Suche nach ganz speziellen Papieren bin, die nicht nur wunderschön, sondern auch nachhaltig sind, habe ich eine interessante Entdeckung machen können! Lies unbedingt dazu mehr unter ›Die Geschichte hinter dem Algenpapier‹.

QUELLEN

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